
Ich und meine Brüste, das ist bisher wahrlich keine Liebesgeschichte gewesen. Die letzten Wochen hat mich das Thema wieder einmal so heimgesucht, dass ich mich manchmal schon beim Aufwachen tot gewünscht habe. Wahrscheinlich ist das schwer nachvollziehbar, aber ich wünschte mir in diesen Momenten, irgendjemandem in die Hände zu fallen, der über mich herfällt, mich zerstört und irgendwo in der Natur entsorgt, wo mein Körper endlich seinen Frieden findet. Irgendwie scheint diese Vorstellung meinem Gefühl von Wertlosigkeit und Schrottreife zu entsprechen. Und schrottreif fühle ich mich oft, wenn ich die runden Brüste anderer sehe – ob groß oder klein – in dem Wissen, dass meine eigenen leer und schlaff sind. Eine Frau zweiter Klasse, oder überhaupt noch eine Frau? Puh…
Nachdem das nun so schlimm geworden war, dass sich zu meinen Vergewaltigungs- und Gewaltfantasien noch Eifersucht gesellte, die meinen Mann terrorisierte und ich an manchen Tagen nur noch halb für die Kinder da sein konnte, weil ich eigentlich nur noch in einer Ecke liegen und heulen wollte, habe ich wieder begonnen, zu googlen und Gedanken zu wälzen.
1. Resignieren kommt nicht in die Tüte.
Ein Grundtenor im Internet besagt: Brüste nach drei Kindern hängen nunmal. Das ist normal. Alle Tipps dagegen sind Scharlatanerie. Finde dich damit ab.
Ich bin aber nicht jemand, der sich mit Dingen abfindet. Ich will doch leben. Und zwar, eines schönen Tages, glücklich und zufrieden. Sonst könnte ich mich auch sofort verabschieden. Ich kann zwar jahrelang an etwas verzweifeln, aber ich höre nie auf, daran zu glauben, dass es auch besser geht, auch wenn ich gerade nicht weiß, wie.
Also verbeisse ich mich in die Suche nach Strohhalmen. Je nach Lage auch Nadeln im Heuhaufen. Gewohnheitsmäßig sind die ersten Treffer völlige Luftnummern. Für mich jedenfalls, oder hat jemand andere Erfahrungen gemacht? Die Rede ist von
2. Tipps zur Bruststraffung mittels Warm/Kaltduschen, Massagen, Cremes, Kräutern und Gymnastik
Alles Bullshit. Nein, mal ehrlich: was diese ‚wertvollen‘ Ratschläge angeht, so beschleicht mich oft das Gefühl, das hier ein Gesundheits-Texter munter vom anderen abschreibt. Warm/Kaltduschen habe ich über mehrere Jahre hinweg in den Sommermonaten praktiziert, habe die Brüste mit mal sanfteren, mal böseren Bürsten malträtiert, danach eingeölt mit Cellulite-Öl und Werweißnichtwasnochalles, mit dem Ergebnis, dass es kein Ergebnis gibt. Ha ha. Ha. Nicht.
Eher der Vergrößerung als der Straffung dienen angeblich manche Kräuter, darunter vor allem Hopfen und Rotklee. Das habe ich nicht ausprobiert, vom Hörensagen her soll das ein bisschen etwas reissen, aber erstens unerwünschte Nebeneffekte haben und zweitens schienen mir die Erfolge nur durch die Brille der eigenen Hoffnung sichtbar zu sein… Außerdem geht es mir nicht um größere Brüste – ich mag meine Körbchengröße sehr – , sondern um einen höher sitzenden, runden Busen. Ähnliches gilt für die überall herumgeisternden Muskelübungen (Liegestütze und Brustpressen), die den Brustmuskel vergrößern sollen. Ja und? Meine Brust liegt aber ein paar Zentimeter weiter unterhalb. Habe ich dann zwei Brüste übereinander? Nein, Spass beiseite inzwischen weiß ich selbst in Zeiten absoluter Verzweiflung: das ist Augenwischerei. Außer, jemand hat damit tatsächlich Erfolg gehabt, dann schreibt mir doch bitte in den Kommentaren. Ich lasse mir dieses Weltbild gerne zerstören!
3. Bruststraffung mit dem Messer
Es gab Zeiten, da habe ich ernsthaft darüber nachgedacht. Abgesehen davon natürlich, dass diese Option Lichtjahre außerhalb meiner finanziellen Möglichkeiten liegt und deswegen doch nur hypothetisch bleibt. Zwei Dinge sind es, die mich aber inzwischen abschrecken: zum einen die Angst vor Murks, vor Narbenstörungen und dergleichen. Dass es hinterher einfach noch schlimmer aussieht als zuvor und zwar irreversibel. Bei dem benötigten T-Schnitt plus Rundumschnitt um die Brustwarze bei einer Straffung stehen die Chancen für unlustige Komplikationen ziemlich gut.
Die andere Sache ist die, dass ich am eigenen Leib erfahren habe, wie taub und gefühllos die Haut rund um operierte Bereiche werden kann. Ich habe mehrere größere Narben, an denen ich zum Teil ganz taub bin. So sehr mich das Aussehen meiner Brüste stört – und ihre relative Taubheit auch, ganz und für immer gefühllos sollten sie nicht werden.
Die Moral von der Geschichte ist in meinem Fall:
Ich hab’s nicht so mit dem aktiven Bekämpfen meiner hängenden Brüste.
So, wie ich, wenn es um meine Kinder geht, weiß, dass ich, wenn ich etwas erreichen will, meine Kinder unterstützen muss, damit es gut wird, anstelle sie niederzumachen und zu zwingen, so weiß ich, dass alles, was helfen soll, für meine Brüste sein muss, nicht dagegen. Ich möchte meinen Brüsten Gutes tun.
Fühlt sich einfach nicht gut an, nicht richtig. Tja, was bleibt mir dann noch? Mir ist klar:
Ich muss möchte lernen, meine Brüste von innen heraus zu spüren und nicht nur von außen zu betrachten/bewerten/verurteilen.
Und:
Ich finde mich trotzdem nicht ab mit diesem traurigen Äußeren. Ich kann einfach nicht glauben, dass das natürlich sein soll. Irgendwoher muss das kommen. Vielleicht lache ich eines Tages über diese Ansichten, aber jetzt glaube ich daran.
Unter diesem Standpunkt habe ich weiter gesucht und bin noch auf andere Quellen gestoßen, die ein bisschen mehr in die Tiefe gehen, ganzheitlicher und liebevoller sind.
4. Weglassen des BHs vs. passender BH rund um die Uhr
Bra-Fitter beklagen sich ja zu Recht darüber, dass die meisten von uns Frauen einen BH in der falschen bis völlig falschen Größe tragen. So ein schlecht sitzender BH hat meistens – der mangelnden Auswahl geschuldet – zu kleine Cups, deren Bügel das Brustgewebe seitlich abschneiden und zu Fettröllchen mutieren lassen, sowie eine zu große Bandgröße, die dazu führt, dass man sich die Träger immer enger stellt, bis sie über das Rückendekoletté hinaus nach oben rutschen. Umgekehrt soll ein gut sitzender BH dann das Brustgewebe an seinen richtigen Platz zurückholen und die Brustform sichtbar verändern. Das kann ich in meinem Fall, nach circa fünf Jahren schlecht sitzenden BHs als Teenager, fünf Jahren weichen aber hässlichen Still-BHs und weiteren fünf Jahren ausgemessenen, passenden Bügel-BH’s für mich nicht bestätigen.
Interessanter wird es für mich, wenn es um das Weglassen des BHs geht. Laut Studien
konnte eine nachweisbare Straffung und Anhebung des Busens bei Frauen beobachtet werden, die konsequent auf einen BH (Bügel BH?) verzichteten. Zwar erklärte der Professor, das gelte nicht für Mütter und Übergewichtige, aber trotzdem klingt das alles für mich schlüssig – dass ein Gewebe sich an das Gestützt-Werden gewöhnt und deswegen Muskeln abbaut. Von Yoga-LehrerInnen habe ich gehört, dass es oft das Spüren und Bewusstwerden des Körpers ist, was beim Yoga zu einem strafferen Körper führt. Unter einem BH spüre ich meine Brüste nicht, dort sind sie wie inexistent, und das ist keine Basis für nichts, was sich dort tun soll…
Fehlt mir der Mut zum Hässlich-Sein?
Jetzt aber mein großes aber: Ohne BH sieht bei mir einfach alles unvorteilhaft aus. Ein Busen, der da sitzt, wo er hingehört, macht schlanker und sieht schöner aus, halbwegs runde Brüste sowieso. Ich bin ein ästhetischer, visueller Mensch; seit ich denken kann, male ich und liebe Mode, Design und Kunst – wie soll ich so meinen eigenen Ansprüchen gerecht werden? Noch bin ich nicht bereit, als Hängebusen-Erleuchtete durch die Weltgeschichte zu schweben… Ich kann das einfach nicht. Mein Kompromiss – weil ich meinen Brüsten doch etwas Gutes tun möchte, und BRA-LESS fühlt sich ganz definitiv gut an – ich bleibe zuhause und jetzt im Herbst und Winter ohne BH, wenn ich nicht unter fremden Leuten meine Jacke ausziehen muss. Ich bin gespannt, was das ausmacht. Vielleicht gar nicht in erster Linie optisch, sondern von der Sensibilität her.
5. Affirmationen und Ursachenforschung mit Dahlke und Louise D. Hay
Oft, wenn mich Wehwehchen plagen, die ich mir nicht erklären kann, die aber zu mau sind für einen Arztbesuch, schaue ich nach, was bei Rüdiger Dahlke in „Der Körper als Spiegel der Seele“ oder bei Louise D. Hay dazu steht. Manchmal ist es ein Volltreffer, meistens ergibt es Sinn und ganz selten kann ich gar nichts damit anfangen.
Louise D. Hay schreibt in „Heile deinen Körper“ generell zu Brust:
„steht für Bemuttern, Nähren und Nahrung.“ und stellt als Affirmation daneben: „In vollendetem Gleichmaß nehme ich Nahrung auf und gebe sie wieder.“ Weiter heißt es zu Brustproblemen: „Weigerung das Selbst zu nähren. Stellt alle anderen an die erste Stelle.“ Und als Affirmation dazu: „Ich bin wichtig. Ich zähle. Ich sorge für mich und nähre mich mit Liebe und Freude.“
Manches deckt sich mit dem, was Dahlke schreibt: „AUSGESAUGTE BRUST deutet dagegen auf verbrauchte Vitalenergie hin. Die Kraft scheint bereits entschwunden zu sein. Langes Hungern auf den verschiedenen Ebenen kann in der Vorgeschichte eine Rolle spielen. Hier geht es um Themen wie sich hängenlassen, keine weibliche Energie mehr übrig haben, den Kindern alles geben. Heutzutage kommen oft noch die sozialen Probleme zerfallener Familienstrukturen hinzu. Wer sitzengelassen wurde, mag dazu neigen, sich selbst zu entwerten und sich hängen zu lassen. Wer sogar mit Kindern sitzen- und hängen gelassen wurde, fühlt sich nicht nur verlassen, sondern meist auch fallen gelassen. Als ausrangiertes „Auslaufmodell“ glaubt sie dann, nicht mehr so anmachend, »brauchbar«‚ frisch. neu, voll und eroberungswürdig, sondern angeschlagen zu sein. Je weniger ihr dieses Empfinden bewusst ist, desto deutlicher wird es die Körperbühne zeigen.
Für die Einlösung dieser körperlichen Situation gilt das oben
bereits bezüglich hängender Brüste Gesagte. Hier kommt als Aufgabe
hinzu, sich der eigenen Lage bewusst zu werden und sich vorsätzlich
hängenzulassen im Sinne von verdienter Regeneration und Erholung.
Loslassen, entspannen und sich regenerieren steht an und kann den
Körper von der Aufgabe entlasten. Wichtig ist auch, sich
klarzumachen, dass entgegen allen modernen Vorurteilen gelebte
Brüste meist lebendiger, genussfähiger und erregbarer sind. Sie haben
Leben gespendet, ernährt, erhalten und Lust erlebt, und wenig nährt
Gelüste so wie gelebte Lust. Hinzu können Dankbarkeit und Freude
darüber kommen, dass sie nähren durften und so neues Leben
ermöglicht haben. Andererseits können diese Brüste auch
verdeutlichen, dass die mütterlich nährende und erotisch lustvolle Zeit
eher vorüber ist und neue, jetzt wichtigere Aufgaben warten wie die
Rolle als große Mutter, die den eigenen Enkeln und allen Kindern
Vorbild wird, aber natürlich nicht auf körperlicher, sondern auf geistig
seelischer Ebene. Ihre Größe liegt nun in Geist und Seele; die
Körperlichkeit tritt im Alter zurück.“
Dahlke, naja. Worte eines Mannes. Sehr getroffen – ins Mark getroffen hat mich der Satz darüber, dass die erotische Zeit vorbei sein kann. Für mich mit dreissig, die schon immer hängende Brüste hatte, aber mit nur einem Sexpartner überhaupt eine relativ begrenzte „erotische“ Zeit, bevor meine Taubheit begann, klingt das wie blanker Hohn. Es kann mir ja im Grunde egal sein, was irgend so ein männlicher Guru über Brüste schreibt, aber es hat einfach meinen Nerv getroffen. Das Wort „ausrangiert“ trifft es dann doch recht gut, wie ich mich fühle.
Brüste im Zusammenhang mit Nahrung bzw. Hunger
Interessant finde ich, dass beide, Louise Hay und Dahlke, die Brüste im Zusammenhang mit Nahrung bzw. Hunger sehen. Ich weiß von meiner Mutter, dass ich als Baby oft über mehrere Stunden allein gelassen wurde und viel geschrieen habe. Außerdem hatte meine Mutter kaum Milch und ich nahm die Flasche nicht an und muss laut ihren Worten am Rande der Unterernährung gewesen sein. Dazu kommt noch, dass meine Mutter während meiner Schwangerschaft extrem abgenommen hat. Ich muss also wirklich gehungert haben. Und ich weiß, dass das stimmt, denn der Hunger ist immer noch da.
Gestern bin ich morgens aufgewacht mit einem Bedürfnis nach Berührung, das nicht erfüllt werden konnte, und so auf leerem Magen spürte ich es glasklar:
Mein Körper ist hungrig
Ich esse so oft viel zu viel und zu oft, und bin doch nie befriedigt. Mein Körper hungert tatsächlich nach?? und versucht, dieses gewaltige, unausgelotete Loch mit dem zweitbesten zu stopfen, das ich mir heute im Gegensatz zu damals selbst beschaffen kann: Essen. Berührung wage ich dagegen erst langsam nachzufragen ;-), und wenn mein Mann mich berührt, ist es mir oft zu fest, zu schnell, zu zielstrebig. Es ist kompliziert. Ich verstehe jetzt, was Tatjana Bach, die Gründerin der Schoßraum-Prozessbegleitung mit dem Wort „Nachnähren“ meint. Ich möchte noch einmal zu ihr.
6. Brustmeditation
Vor kurzem habe ich auf Empfehlung eine Körper-Meditation mit dem Thema Selbstliebe und Dankbarkeit entdeckt, bei der man innerlich durch den ganzen Körper geht und alles abscannt, fühlt und sich bei allem bedankt. Die Meditation hat mich sehr berührt, vor allem, als es an meine Problemzonen ging. Der Haken ist für mich nur, dass die Meditation von einem Mann geleitet wird und dementsprechend nicht auf meine spezifisch weiblichen „Features“ eingeht. Doch wie es das Glück wollte, stiess ich im Anschluss auf ein Video, das genau das anspricht, wonach ich gesucht hatte. Nämlich ein, wenn auch nur skizziertes Rezept auf die Frage:
Wie lerne ich meine Brüste lieben?
In dem Video, das übrigens eine interessante Beobachtung enthält, werden drei Fragen an meine Brüste gestellt:
- Was ist das Schlimmste, was euch je widerfahren ist?
- Was ist das Schönste, was euch je widerfahren ist?
- Wonach sehnt ihr euch wirklich?
Wie gesagt, ich spüre noch fast nichts in meinen Brüsten, aber dass ein BH, vor allem ein Bügel BH nicht die erste Wahl meiner Brüste ist, darüber besteht kein Zweifel. Mal sehen, was ich noch so alles zu Tage fördern kann…
Ein letzter Punkt, der wichtig ist, kommt zum Schluss:
7. Wenn ich mich bewege, finde ich mich schöner.
Aller Selbsthass, die Zweifel und Unsicherheiten bessern sich drastisch, nachdem ich Schwimmen war, oder in der Sauna, oder auch beim Tanzen. Ich kann an einem Tag so fertig sein, dass ich mich kaum zum Schwimmen traue, weil ich mich den Blicken der anderen nicht aussetzen kann. Habe ich mich aber überwunden, dann ist dieser gleiche Körper danach aber viel schöner, und ich entspannter. Ein kleines Wunder, jedes Mal.
Noch kostet mich Bewegung viel Überwindung. Ich habe eine absolut frustrierende Sportlaufbahn hinter mir und beginne erst langsam zu spüren, wie sehr ich doch Bewegung brauche.
Ein weiter Weg ist das, der da noch vor mir liegt. Hast du hilfreiche Antworten oder eine eigene Geschichte zu erzählen? Ich freue mich drauf!